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Guru Love I - Bhagavad Gita Kapitel 9

Veröffentlicht am 07.12.2020

Es ist die Zeit des Noch, lese ich und ich weiss, dies ist die Sprache im Gewahrsein der Vergänglichkeit. Es ist die Zeit des Noch.

Das Gewahrsein der Vergänglichkeit eröffnet mir die Ahnung der Ewigkeit und sie führt mich zu dir und ich lausche die sanfte Klarheit deiner Stimme. Und so suche ich einen Namen für dich, denn die Sprache spricht in Namen und Benennungen und so gehört sie der Zeit des Noch. Ich glaube ich nenne dich in meiner Sprache Guru Love. (Denn Sprache macht nur Sinn, wenn es die eigenen Worte sind, die man spricht.)

So benutze ich die Sprache als eine Anrufung an den Äther, den spirituellen Raum. Die Sprache, die mich durch meine Stimme Raum erklingen lässt und mich so in die direkte Verbindung zur Schöpfung bringt. Die Schöpfung in ihrer ganzen Fülle, die ich im Innersten meines Wesens bin.

Und dann höre ich die Stimme des anderen. Ich höre die Stimme Klänge sagen. Die Klänge formen sich zur Gleichung: tat tvam asi. Und ich wundere mich schon lange, warum es eine Gleichung braucht, wenn doch alles Eins, alles Brahman ist. Tat ist gleich Tvam, es ist die Gleichung von zwei Gleichen. Die Gleichung macht die Sprache und so folgt die Gleichung der Notwendigkeit des sprachlichen Ausdrucks. Doch wenn ich die Worte des Gurus höre zerrinnt ihre Notwendigkeit in meinen Gehörgängen. Ist das nicht sehr aufregend? Worte lassen die Notwendigkeit der Sprache zerrinnen.

Und so möchte ich sagen: bitte sag mir mehr! Obwohl ich die Antwort bereits kenne, aber dennoch bitte ich darum, sag mir mehr Guru, nur um den Klang deiner Stimme zu hören. Und er versteht und sagt: Das ist alles. Kein weiteres Wort, Stille, lange Zeit und ich sehne mich nach der Stimme des Gurus.

Im Kapitel 9 der Bhagavad Gita verkündet Krishna seinem Schützling Arjuna, dass Moksa eine Angelegenheit des Lebens ist und jetzt sein kann. Daher spricht er im ersten Vers: „dieses sehr grosse Geheimnis aber werde ich dir verkünden…wenn du erkannt hast…wirst du befreit werden.“ Krishna spricht von Befreiung und zwar von der Befreiung durch Erkenntnis – hier und jetzt. Doch was ist der Inhalt dieser Erkenntnis?

Der Inhalt ist das, was bereits vorhin im Text durch Krishna verhandelt wurde: Das grosse Geheimnis besteht darin, dass ich Brahman bin und wenn ich diese Wahrheit ohne Zweifel weiss, wenn ich also erkenne, dass ich und das Universum ein und dasselbe sind und dass die Ordnung in der Schöpfung gründet, die ich bin, dann bin ich frei. 

So heisst es im zweiten Vers, dass dieses Wissen im Einklang mit dem Dharma, mit der Ordnung, steht. Die klare Erkenntnis der wahren Existenz führt mich somit in meine absolute Daseinsberechtigung. Wenn ich erkannt habe, dann bin ich nicht nur, sondern dann fühle ich mich ganz automatisch in keiner Weise mehr abgetrennt oder isoliert, denn ich stehe ganz natürlich in der Ordnung, wie ein Baum im Wald. Wenn ich das geheime Wissen, welches Krishna in der Gita ausbreitet, erkannt habe, dann muss ich mich nicht mehr selbst beweisen, vielmehr stehe ich unverrückbar und in meinem Herzen fest gegründet.

Am Anfang der Bhagavad Gita war Arjuna überwältigt von seiner Situation und wusste nicht mehr was richtig und was falsch ist. Zum Glück hatte er Krishna als Lehrer! Ein richtiger Lehrer lehrt durch den Klang seiner Worte. Er lehrt, durch das Aussprechen der Worte, den Schüler so zu sehen wie der Lehrer selbst sieht. Krishna macht Arjuna sehen, was er sieht und zwar durch das ausgeben seiner sehenden Worte an den Raum, so dass Arjuna sie in sich hören kann.

Dann im Vers 4 sagt Krishna, dass das ganze Universum von ihm durchdrungen ist. „Alle Wesen befinden sich in mir“ heisst es und so haben in ihrer Vergänglichkeit alle Wesen ihre Ewigkeit – also für alle Zeit – in Atman und sind nie geboren und sterben nie, denn es heisst weiter „ich gehe nicht in ihnen auf“.

Doch ebenso sagt es in Vers 5 „und doch befinden sich die Wesen auch nicht in mir“, denn so könnte man sagen, ich bin die Ewigkeit und ich existieren in meinem eigenen Recht und hänge an keiner Form, an keiner Verkörperung, obwohl ich sie bin.

Dann folgt in Vers 6 eine Illustration oder ein Beispiel für diese überwältigende Wahrheit.

Dann in Vers 7 wird die Schöpfung erklärt. Alle Geschöpfe kehren wieder an ihren Ursprung zurück. Die Wesen haben ihren Ursprung in Brahman, sie existieren in Brahman und sie lösen sich in Brahman auf. Und immer wieder, immer wieder werde ich aus Brahman von Brahman, in Brahman zur reinen Freude von Brahman erschaffen.

Ich bin in meiner Gestalt die Freude der reinen Schöpferkraft und ebenso bist es du und du und du, und unsere Schöpferkraft liegt ganz in den Händen Brahmans, so sagt es in Vers 8. Doch in Vers 9 scheint plötzlich niemand Verantwortung für dieses ganze Schaffen und Auflösen zu übernehmen: “wie unbeteiligt sitze ich dabei, ich hafte an diesen Taten nicht an.“ Die Taten binden nicht, geht es in Vers 10 weiter, weil sie „unter meiner Aufsicht“ geschehen. Unter wessen Aufsicht? Unter einer Aufsicht, die nichts mit karma-schaffenden Taten zu tun hat. Es ist die Aufsicht des reinen Bewusstseins, die Aufsicht Atmans.

Dies ist ein grosses Geheimnis. Es ist jenen zugänglich, die über eine spezielle Unterscheidungsfähigkeit verfügen. Es ist die Fähigkeit zwischen Ewigkeit und Vergänglichkeit zu unterscheiden. Diese Fähigkeit ist der Schlüssel, denn sie führt dich vom Gebundensein an das Vergängliche in die Freiheit der Ewigkeit und dann – und das ist das Beste – und dann nimmst du die Ewigkeit mit in dein Leben. Die Tropfenform geht im unermesslichen Ozean auf und bleibt dennoch ihr Leben lang in sich gegründet, um dann schliesslich sogar noch den Ozean weiter bis in seine letzte Essenz zu durchdringt. Diese Wahrheit bist du, du brauchst sie nur zu erkennen.

Dagegen „missachten mich die Verblendeten“ heisst es in Vers 11 und so werden in Vers 12

Diejenigen beschrieben, denen es an Unterscheidungsfähigkeit mangelt. Die anderen, die über Unterscheidungsfähigkeit verfügen, werden in Vers 13 beschrieben. Diese erkennen, ehren und achten Atman in all seinen Schattierungen.

In der Mitte des 9. Kapitels steht Vers 22 und es werden hier diejenigen beschrieben, die sich in Brahman als Atman erkennen. Sie erkennen sich im Schöpfer und sie erkennen sich als Geschaffene und sie erkennen die Einheit von Schöpfung und Geschöpf, von Ewigkeit und Vergänglichkeit in Atman.

Nicht nur das Erkennen und die Fähigkeit der Unterscheidung die zur Erkenntnis führt ist wichtig, sondern auch die Hingabe oder besser die Handlung, denn nur in der Tat kann sich die Hingabe manifestieren. In Vers 26 wird daher gesagt, du kannst „mir ein Blatt, eine Blume, eine Frucht oder Wasser mit liebender Hingabe darbringen“. Es kommt nicht so sehr darauf an was du tust, was du gibst, die Hauptsache ist, dass du gibst, dass du tust. Es wird ganz leicht, wenn du dein ganzes Leben als ein Ausdruck eines grossen langen Gebetes anschaust.

So heisst es in Vers 27: „Was du auch tust, was du auch isst, was du auch opferst, was du auch spendest, was du auch als Askeseübung betreibst, Kunti-Sohn, das tue als Opfer für mich!“

Zum Schluss von Kapitel 9 sagt Krishna wie man sich um ihn bemühen soll. Oder besser, Krishna spricht einen Segen für den Suchenden aus. Denn die absolute Ausrichtung, das Zurückziehen der Sinne auf die subtile Ebene der Gottessicht übersteigt meine persönlichen Anstrengungen. Ohne das Anrufen der Gnade – möge ich, mögest du – werde ich mich verhaspeln in meinen Anstrengungen, schiesse ich am Ziel vorbei. Daher spricht der Lehrer einen Segensspruch für seinen Schüler: möge „dein Denken auf mich gerichtet sein“. Mögest „du dich mir ganz hingeben“. Mögest du „in mir das höchste Ziel“ erblicken. – Guru Love.